München, 09.03.2017
Kunstaktion vor Gericht
Kleiner Sieg für die Kunst
Strafprozess gegen Wolfram P. Kastner und HP Berndl. Es geht um das Kriegerdenkmal Dachauerstr. 128, 2015 in München.
Foto: Wolfram P. Kastner
Die beiden Künstler hatten dort eine 'gemeinnützliche Sachverbesserung' durch mehrere Kunstaktionen
vorgenommen. Aus dem Kriegerdenkmal mit der Aufschrift
SIE STARBEN FÜR DEUTSCHANDS RUHM UND EHRE entfernten sie diverse Buchstaben, um einen Anstoß
gegen diese widerwärtige propagandistische Geschichtslüge zu geben. So stand dann dort für einige Zeit
'SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS UN.EHRE'.
Ebenso hatten Kastner und Berndl später eine Zusatztafel angebracht, mit den Worten:
'Wir trauern um Alle, die im Weltkrieg 1914 -18 grausam und sinnlos ihr Leben verloren.
Die Toten mahnen uns, mit allen Kräften für Frieden zu sorgen und Kriege zu verhindern.'
Die Staatsanwaltschaft sah darin den Tatbestand einer 'gemeinschädlichen Sachbeschädigung' und 'Störung der Totenruhe' und hatte jeweils Strafbefehle gegen Berndl und Kastner erlassen. Das Gericht folgte aber in der Hauptverhandlung dem Einspruch der beiden Aktionskünstler. Amtsrichter Mayr wollte zwar unbedingt eine Straftat erkennen, sah aber den Unrechtsgehalt der 'Tat' als so gering an, dass er die beiden Künstler lediglich verwarnte. Mit diesem Urteil hat er dem Verfolgungseifer der Staatsanwaltschaft schon ein deutliches Fragezeichen aufgedrückt. Es hätte schlimmer kommen können.
Verwarnung auf ein Jahr Bewährung
Doch die Sache ist für Kastner und Berndl noch nicht erledigt. Wolfram P. Kastner: "Ich soll mich ein Jahr lang durch Untätigkeit angesichts solch eines kriegslüsternen, von der Bundeswehr bekränzten UnsinnsMals bewähren? Das geht nicht." Es handelt sich bei der richterlichen Entscheidung nämlich um eine Verwarnung auf ein Jahr Bewährung. Das bedeutet nicht nur eine persönliche Einschränkung, sondern eine Beschneidung der Aktionskunst im Allgemeinen. Wenn wir das durchgehen lassen, wird es auch für andere Künstlerinnen und Künstler schwer, das Grundrecht auf Freiheit der Kunst wahrzunehmen. Insbesondere wenn es sich um politische Kunst z.B. im gewerkschaftlichen Verständnis (hier: Friedenspolitik) handelt.
HP Berndl
Kontakt: berndl-art@posteo.de
Für einfache Nutzung freigegeben. Beigefügtes Foto ebenso.